Test 2015YT Tues CF

Laurin Lehner

 · 19.06.2015

Test 2015: YT Tues CFFoto: Johan Hjord
Test 2015: YT Tues CF
Anfang 2015 präsentierte YT sein Erfolgs-Big-Bike „Tues“ in Carbon und schreckt damit die Konkurrenz: Den Racer gibt es zum Schnäppchenpreis. Ein Volksracer! Doch kann das Bike auch Worldcups gewinnen?
  Test 2015: YT Tues CF - Tester: Laurin LehnerFoto: Johan Hjord Test 2015: YT Tues CF - Tester: Laurin Lehner

Was geht ab? Der Forchheimer Versender verpflichtet einen Freeride-Star nach dem anderen (zuletzt Rampage-Hero Kelly McGarry), erobert die Bike-Märkte in Amerika, Australien und Neuseeland und baut jetzt sogar einen Downhiller aus Kohlefaser! Sind die Franken größenwahnsinnig geworden? Als Nächstes nimmt YT womöglich Worldcup-Champion Aaron Gwin unter Vertrag! "Nee, keine Angst", gibt YT-Konstrukteur Stefan Willared Entwarnung, "Das ist uns dann doch ’ne Nummer zu groß. Aber mit dem neuen ‚Tues CF‘ würde Gwin ohne Probleme Worldcups gewinnen!"

An Selbstbewusstsein mangelt es den YT-Mannen nicht. Schon die Geometrie-Daten des Kohlefaser-Boliden zeigen, dass YT das Bike auf Speed getrimmt hat: Maße eines modernen 650B-Racebikes, üppiger Reach (430 Millimeter in Größe M), laufruhiges Heck (435er-Kettenstreben). Ein Gesinnungswandel? War Freeride gestern, ist Racing heute? "Wir sind ganz klar eine Freeride-Company", sagt Markus Flossmann, YT-Chef und selbst begeisterter Freerider, "doch leicht, schnell und sicher ist kein Widerspruch zum Freeride-Gedanken!" Folglich soll das Carbon-‚Tues‘ nicht nur auf der Downhillstrecke Spaß machen, sondern auch auf sprunglastigen Trails im Bikepark. Um die Freeride-Gene des Bikes zu promoten, werden Szene-Helden wie Andreu Lacondeguy oder Cam Zink die Red Bull Rampage auf dem Carbon-Bike bestreiten und damit Extremstunts wagen; allerdings mit kleinen Modifikationen (mehr dazu im Interview weiter unten).

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Das Auge fährt mit!

Da können sich selbst die Global-Player eine Scheibe abschneiden: YT hat ein Händchen für coole Designs. Ob das Enduro "Capra" mit seiner durchgestylten Rahmenform oder jetzt der Carbon-Downhiller – was die Forchheimer machen, sieht schick und sexy aus. Das Auge fährt bekanntlich mit. Doch nicht nur die Optik des "Tues CF" stimmt, auch bei der Ausstattung zeigen sich die fränkischen Versender detailverliebt und verbauen bewährte Komponenten und hochwertige Federelemente. Zwei Ausstattungsvarianten des Kohlefaser-Big-Bikes wird es geben: das "Tues CF Comp" mit RockShox-Fahrwerk für 3499 Euro und das "Tues CF Pro" mit BOS-Luftfederelementen für 3999 Euro. Ohne Pedale brachte das "Pro"-Modell 16,3 Kilo auf die Waage. Grammfetischisten kommen durch Umstieg auf Tubeless-Bereifung leicht unter die 16-Kilo-Marke.

  YT Tues CF Comp: Sensationelle 3499 Euro kostet das Carbon-Big-Bike in der günstigen "Comp"-Variante mit RockShox "Boxxer Team" und "Vivid R2C". Farben: Weiß oder Grün.Foto: Hersteller YT Tues CF Comp: Sensationelle 3499 Euro kostet das Carbon-Big-Bike in der günstigen "Comp"-Variante mit RockShox "Boxxer Team" und "Vivid R2C". Farben: Weiß oder Grün.  YT Tues CF Pro: 3999 Euro muss man für das edel ausgestattete "Pro"-Modell (blau oder rot) hinblättern. Dafür bekommt man ein BOS-Fahrwerk (Gabel "Idylle RaRe" und Luftdämpfer "DH Void"), EThirteen-Laufräder und -Kurbel, Renthal-Cockpit, SRAMs Top-Bremse "Guide RSC" und SRAM "XO1 DH"-Schaltwerk. Gewicht des "Pro"-Modells (Größe L): 16,3 Kilo ohne Pedale.Foto: Hersteller YT Tues CF Pro: 3999 Euro muss man für das edel ausgestattete "Pro"-Modell (blau oder rot) hinblättern. Dafür bekommt man ein BOS-Fahrwerk (Gabel "Idylle RaRe" und Luftdämpfer "DH Void"), EThirteen-Laufräder und -Kurbel, Renthal-Cockpit, SRAMs Top-Bremse "Guide RSC" und SRAM "XO1 DH"-Schaltwerk. Gewicht des "Pro"-Modells (Größe L): 16,3 Kilo ohne Pedale.


Hopp oder topp?

So, nun zur zentralen Frage: Was kann die Kiste? Um das rauszufinden, scheuchten wir den Kohlefaser-Boliden über die Geröll-Trails im sonnigen Malaga. Hier trainiert regelmäßig die Downhill-Elite, Danny Hart, Gee Atherton oder Gesamtsieger Josh Bryceland. Ideales Gelände also: steinig, rau, steil, rumpelig. Schon beim ersten Aufsitzen fühlt man sich wohl – ein gutes Zeichen. Zwar kennen wir aus früheren Tests bereits das Alumodell des "Tues" (das zu den Favoriten zählte), doch wir befürchteten, dass die Carbon-Variante mit ihren 650B-Laufrädern zu sehr auf Racing gepolt wurde. Bereits die erste Abfahrt zeigte aber: Das Bike ist schnell, laufruhig, doch verspielt und agil genug, um auch abseits der Race-Strecke Spaß zu machen. Man steht angenehm tief im Rad – das gibt ein kompaktes, direktes Fahrgefühl. Die Geländegängigkeit begeistert: Das Rad bulldozert durch fieses Gerümpel und bietet jederzeit genug Reserven. Um das Bike aufs Hinterrad zu ziehen, braucht es allerdings mehr Armzug als beim 26er-"Tues", doch das war zu erwarten.

Kurzum: Das "Popometer" gab grünes Licht. Das Bike scheint ein großer Wurf. "Scheint" deshalb, weil wir erst im direkten Vergleich mit der Konkurrenz wirklich sagen können, ob uns das Specialized "Demo" oder Devinci "Wilson" (um mal zwei unserer Lieblinge zu nennen) nicht doch immer noch besser gefällt.


Fazit: Schnell, schick, leicht – das "Tues Carbon" besitzt die Wunsch-Attribute eines gelungenen Big Bikes. Und ein entscheidendes kommt noch hinzu: Es ist günstig! Damit hat der Kohlefaser-Bolide das Zeug zum Volksracer und wird gleichzeitig viele Fans unter den Bikepark-Freeridern finden.


PLUS Laufruhe, Ausstattung, Optik, Preis
MINUS weniger verspielt als der Vorgänger

Liebt Vollgas-Missionen: das neue YT "Tues CF" aus Kohlefaser. Ob der Preisbrecher (ab 3499 €) tatsächlich mit der hochkarätigen Konkurrenz mithalten kann (oder gar besser ist), wird bald der große FREERIDE-Vergleichstest zeigen. Wir sind sehr gespannt!
Foto: Johan Hjord


INTERVIEW MIT YT-KONSTRUKTEUR STEFAN WILLARED

  Stefan Willared, Konstrukteur YT: Race-Bikes sind gefragt!Foto: Hersteller Stefan Willared, Konstrukteur YT: Race-Bikes sind gefragt!


Ihr habt Freeride auf eure Fahnen geschrieben. Jetzt bringt ihr einen Race-Boliden aus Kohlefaser. Warum
Race-Bikes sind gefragt – und die Nachfrage wird noch zunehmen. Die Gravity-Biker wollen Räder mit mehr Lastverteilung und größerem Reach. Carbon als Werkstoff war die logische Konsequenz.


650B auch?
Klar – 26 Zoll stand gar nicht zur Debatte. In meinen Augen muss man sich über die Daseinsberechtigung von 650B nicht mehr unterhalten. Der Hauptvorteil liegt ganz einfach darin, dass man das Tret-lager unter die Achse stellen kann, ohne ein Problem mit der Bodenfreiheit zu bekommen. Dazu kann man einen längeren Reach wählen, was das Rad "raciger" macht. Folge: Der Fahrer steht tiefer im Rad und das gibt bekanntlich ein gutes, sicheres Gefühl.


Doch eure Profi-Fahrer wie Andreu Lacondeguy und Cam Zink vertrauten für ihre Sprungeinlagen bisher auf verspielte 26-Zoll-Bikes.
Das stimmt. Für diese Jungs haben wir uns etwas einfallen lassen: Wir werden einen Hinterbau anfertigen lassen, in den man 26-Zoll-Laufräder stecken kann. Die Kettenstrebenlänge wird dabei unter 420 Millimetern liegen. Auf Nachfrage wird das dann wahrscheinlich auch für unsere Kunden möglich sein. Doch momentan ist das noch in der Planung.


Viele Hersteller vertrauen auf Flip-Chips und variable Kettenstreben-länge, um selbst die Wahl zu haben: laufruhiger Downhiller oder verspielter Freerider.
Die Kettenstrebenlänge zu variieren, kann sinnvoll sein. Bei unserem "Tues 2.0" kann man sogar zwischen drei Längen wählen. 425, 430 und 435 Millimeter. Mittlerweile habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute ohnehin mit der mittleren oder langen Kettenstrebenlänge fahren. Also haben wir uns beim "Tues CF" für eine feste Länge entschieden. 435 Millimeter sind für dieses Rad perfekt.


Warum ist euer Carbon-Bike günstig und die anderen sind superteuer? Nehmen wir das neue Spezialized "Demo" in Carbon: Gibt es Qualitätsunterschiede zwischen den Rädern?
Nein! Mit Qualität hat das nichts zu tun. Unser Carbon-Rahmen ist genau so hochwertig wie der von Specialized. Doch wir sind ein Versender. Der Direktvertrieb erlaubt uns so niedrigen Preise.


Carbon gilt als launischer Werkstoff.
Carbon mag es nicht, eingeklemmt zu werden. Also sollte man beim Werkzeugständer nicht den Rahmen, sondern die Sattelstütze einklemmen. Auf harte Kanten fallen lassen sollte man seinen Carbon-Rahmen natürlich auch nicht.


Gerüchten zufolge plant ihr ein eigenes Worldcup-Team, um eurem neuen Downhiller die Möglichkeit zu geben, sich zu beweisen.
Nein, an dem Gerücht ist nichts dran. Leider. Ein Worldcup-Team auf die Beine zu stellen, ist extrem teuer.


Gibt es einen neuen Trend im Downhill-Sport oder etwas, was ihr Konstrukteure in der Pipeline habt?
Noch präzisere Set-ups. Also spezielle Umlenkhebel, die noch besser zu den jeweiligen Federelementen passen. Der Kunde bestimmt, welche Federelemente er will, und kriegt die passende Kinematik dazu.

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