Test 2015Specialized gegen Trek

Christian Schleker

 · 16.06.2015

Test 2015: Specialized gegen TrekFoto: Tobias Woggon
Test 2015: Specialized gegen Trek
Specialized bohrte das „Enduro Evo“ zum Mini-Downhiller auf. Und Trek trimmte beim „Session 8 Park“ Federweg und Geometrie für mehr Tricktauglichkeit. Macht das Sinn? Lest selbst.
  FREERIDE-Duell 2015: Specialized Enduro Expert Evo gegen Trek Session 8 ParkFoto: Tobias Woggon FREERIDE-Duell 2015: Specialized Enduro Expert Evo gegen Trek Session 8 Park

Was war da Anfang letzter Saison los, als Aaron Gwin und Troy Brosnan mit 650B-Enduros beim Downhill-Worldcup an den Start gingen? Nachdem Gwin damit dann tatsächlich den Sieg einfuhr, war die Sensation komplett. So einen Marketing-Coup lässt sich Specialized natürlich nicht entgehen. Die pfiffigen Amis ersetzen 2015 den tourentauglichen Freerider durch eine aufgebohrte Mini-Downhill-Variante mit 180er-Doppelbrückengabel, größeren Laufrädern und angepassten Geodaten. Gwins Siegerbike für Jedermann, wenn man so will. Der Name: "Enduro" ist jetzt zwar total absurd, aber was soll’s!

Auch Treks Werbeabteilung schläft nicht. Neben einem Downhill-Team haben die ja noch Trickmaschine Brendon Semenuk unter Vertrag. Und weil der immer weniger Bock auf Wettkämpfe und immer mehr Bock auf fette Video­segmente in Big-Bike-Manier hat, musste ein gepimptes "Session" her: das "8 Park" mit kleineren Laufrädern, 190 Millimetern progressivem Hub am Heck und extrakurzen Kettenstreben. Da stehen sie nun, die zwei. Der getunte Ex-Freerider im Speed-Set-up und der auf Tricks abonnierte Ex-Downhiller. Wir fragten uns: Machen die Dinger auch für Normalsterbliche Sinn? Und welches Bike ist für Alltagseinsätze im Park die bessere Wahl?

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  Mutationswunder: Aus Freeride wird Mini-Downiller. Andere Gabel, 650B, angepasste Geo – fertig ist der neue Klassiker. Wir vermissen das "alte" Evo von Specialized trotzdem.Foto: Daniel Simon Mutationswunder: Aus Freeride wird Mini-Downiller. Andere Gabel, 650B, angepasste Geo – fertig ist der neue Klassiker. Wir vermissen das "alte" Evo von Specialized trotzdem.


Zuerst nehmen wir uns das Specialized vor. Der Vorgänger war in unseren Augen der perfekte Freerider: robust, aber nicht zu schwer. Handlich bei Tricks, stabil und sicher bei hohem Tempo. Mit Teleskopstütze und tourentauglicher Übersetzung sinnvoll ausgestattet. Das neue "Evo Expert" kommt mit auf 180 Millimeter getravelter "Boxxer Team" und ähnlichem Lenkwinkel daher. Das Tretlager liegt im Verhältnis zu den Radachsen deutlich tiefer, der Reach ist in Größe M jetzt 7 Millimeter länger. Trotz 650B sind die Kettenstreben kürzer (420 Millimeter). Dafür musste das Sitzrohr extrem steil gestellt werden: Mit fast 77 Grad säße man für Tretpassagen zu weit vor dem Tretlager. Aber treten soll man mit dem neuen "Enduro Evo" auch nicht mehr. Zumindest nicht bergauf. Drum wurde die Teleskopstütze abgeschafft und die 1 x 11-Schaltung gegen eine Zehnfach-Downhill-Übersetzung getauscht. Geblieben sind nur der fette Öhlins-Dämpfer und die bewährte Kinematik. Beim ersten Aufsitzen fühlt sich trotzdem alles vertraut an. Und schon nach wenigen Metern wird klar, dass Specialized den Charakter des Vorgängers erhalten hat. Auch das neue "Evo" schafft den Spagat zwischen Handlichkeit und Laufruhe sehr gut. Der gute Pop bei Absprüngen und das neutrale, leichte Handling in der Luft sind wie früher. Bei hohem Tempo kann man es jetzt aber noch mehr laufen lassen. Man steht dank der größeren Laufräder tiefer im Bike und fühlt sich zwischen der potenten "Boxxer" mit "Charger"-Dämpfer und dem satten, aber nicht zu soften Öhlins-Heck extrem sicher. Hauptunterschied zu einem reinen Downhiller ist die etwas straffere Grundabstimmung, die auf flacheren, sprunglastigeren Strecken in Bikeparks richtig Sinn und Spaß macht. Touren sind passé, aber für den Parkeinsatz ist das neue "Enduro Evo" besser geworden.

  Nischenprodukt: Geringerer Hub, mehr Progression, steilere Winkel. Das macht das Trek "Session Park" für Spezialisten wie Semenuk trickbar. Alle anderen kriegen weniger Downhill-Bike fürs Geld.Foto: Daniel Simon Nischenprodukt: Geringerer Hub, mehr Progression, steilere Winkel. Das macht das Trek "Session Park" für Spezialisten wie Semenuk trickbar. Alle anderen kriegen weniger Downhill-Bike fürs Geld.


Nun zum Trek. Der Downhiller wurde für die Teamfahrer bereits zur letzten Saison mit 27,5er-Laufrädern und linearer Kennlinie auf maximale Bergabperformance getrimmt. Diese reinrassigen Racebikes sind in zwei Versionen im aktuellen Programm. Das "Session 8 Park" ist das letzte Modell mit 26-Zoll-Laufrädern. Für mehr Pop wurde die Kinematik noch progressiver ausgelegt, als beim Ur-"Session" und die Kettenstreben schrumpften auf specializedtypische 418 Millimeter. Gleichzeitig reduziert sich der Federweg auf 190 Millimeter am Heck. Die einfache "Boxxer Race" und ein "Kage RC"-Dämpfer sorgen für die Federarbeit. Auch sonst ist das Bike eher schlicht ausgestattet. Die Geometrie ist ungewohnt kurz. Ein Reach unter 400 Millimetern in Größe M und der kurze Radstand unterstreichen die Trickausrichtung des Bikes. 18 Kilo Gesamtgewicht stehen dem entgegen. Beim Aufsitzen ist das Gefühl auch beim Trek vertraut. Das straffere Heck kennen wir noch vom Vor-Vorgänger. In felsigem Gelände fährt sich das "Session 8 Park" fast wie damals: straff, mit direktem Feedback vom Untergrund. Schnelle Schläge reicht das Fahrwerk zum Piloten durch – schade! Deswegen und wegen der kurzen, hohen Sitzposition ist man eine ganze Klasse unsicherer unterwegs als mit dem Specialized. Trotz des straffen, progressiven Hecks will sich keine echte Sprungfreude auf dem Trail einstellen. Die Kiste fühlt sich ziemlich schwer und wenig agil an. Das Fahrwerk bietet aber enorme Reserven bei verpatzten Landungen und damit passt es wieder ganz gut in den Einsatzbereich eines Brandon Semenuk, der damit in Utah Riesendrops mit Rotationen absolviert. Für mitteleuropäische Bikepark-​Strecken erscheint uns das Trek zu speziell. Es fehlt an Komfort für die Downhill-Strecken und an Agilität für die Sprungpassagen.


Fazit: Dem Specialized hat die Neuausrichtung nicht geschadet. Vollgas- oder Jumptrails machen damit im Park gleich viel Spaß. Das Trek ist ein Nischenprodukt für extreme Stunts. Die reinen Downhiller der Serie machen für Normalos als Parkbikes mehr Sinn.


SPECIALIZED ENDURO EXPERT EVO 2015 – DUELL-SIEGER


HERSTELLERANGABEN
Vertrieb Specialized Europe B.V.,
Info www.specialized.com
Material / Größen Alu / S, M, L
Preis / Gewicht ohne Pedale 4.499 Euro / 16,3 kg


MESSDATEN
Federweg vorne / hinten 180 mm / 180 mm
Hinterbausystem Viergelenker


AUSSTATTUNG
Gabel / Dämpfer Boxxer Team 650B Charger / Öhlins TTX22M
Kurbeln / Schaltung SRAM Descendant /SRAM X0
Bremsanlage SRAM Gui de RS DH
Laufräder Specialized Roval DH Systemlaufradsatz Butcher DH 2,5 (vorn), Slaughter DH 2,3 (hinten)

  Specialized Enduro Expert Evo 2015Foto: FREERIDE Magazin Specialized Enduro Expert Evo 2015  Specialized Enduro Expert Evo 2015Foto: FREERIDE Magazin Specialized Enduro Expert Evo 2015


TREK SESSION 8 PARK 2015


HERSTELLERANGABEN
Vertrieb Bikeurope B.V./Trek Deutschland,
Info www.trekbikes.com
Material / Größen Alu / M, L
Preis/Gewicht ohne Pedale 3.999 Euro / 17,3 kg


MESSDATEN
Federweg vorne / hinten 200 mm / 190 mm
Hinterbausystem ABP Full Floater


AUSSTATTUNG
Gabel / Dämpfer RockShox Boxxer Race / Kage RC
Kurbeln / Schaltung Truvativ Descendant / SRAM X7
Bremsanlage Avid Code R
Laufräder DT Swiss FR 2150 Systemlaufräder Bontrager G4 Team Issue 26X2,35 Reifen

  Trek Session 8 Park 2015Foto: FREERIDE Magazin Trek Session 8 Park 2015  Trek Session 8 Park 2015Foto: FREERIDE Magazin Trek Session 8 Park 2015


FREERIDE-RANKING: maximal 10 Punkte. Die Note gibt den Gesamteindruck wieder und ist nicht der Durchschnitt aus Performance-Punkten. Diese beziehen sich auf die jeweilige Bikekategorie. Sie ist nicht mit anderen Bikekategorien vergleichbar.

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